Wir sind f_act. Wir bestehen und agieren aus der Überzeugung heraus, dass emanzipatorische Politik feministisch sein muss. Das bedeutet für uns, die materielle Grundlage unserer Gesellschaft zu analysieren und anzugreifen.
In einer kapitalistischen Gesellschaft zu leben heißt, nach Maßstäben zu produzieren, die alleinig auf die Mehrwertproduktion ausgelegt sind. Das Ergebnis der Ausbeutung von Mensch und Natur ist zwangsläufig Armut, Ungleichheit und die massive Zerstörung unserer Umwelt. Die Bedürfnisse einzelner sind zweitrangig und müssen im Privaten ausgehandelt werden. Wer sich den Bedingungen des Kapitalismus nicht anpasst, kommt unter die Räder.
Die Unterdrückung von Frauen besteht weitaus länger, nimmt im Kapitalismus aber eine besondere und neue Form an. Vermeintlich weibliche Eigenschaften wie Fürsorglichkeit und Emotionalität werden systematisch abgewertet und im Laufe der Zeit in den Bereich des Privaten verdrängt. Männlich konnotierte Attribute wie Stärke und Durchsetzungsfähigkeit versprechen dagegen Erfolg im kapitalistischen Alltag. Solange der Profit die Maxime des Handelns ist, wird im Sinne der Akkumulation von Kapital unproduktives Handeln als schwach abgewertet. Frauen sind davon doppelt betroffen. Die Zuschreibung von vermeintlich weiblichen Eigenschaften verdrängt von ihnen geleistete Arbeit in nicht oder wesentlich schlechter bezahlte Bereiche. Das gilt für FLTI* in gleicher Weise.
Aus der Existenz biologischer Beschaffenheiten und Differenzen von Geschlecht ein hierarchisches Geschlechterverhältnis abzuleiten, lehnen wir ab. Das diesem Verhältnis zugrundeliegende Konstrukt hegemonialer Männlichkeit, welches die patriarchale Gesellschaft allen aufzwingt, bedroht insbesondere Frauen. Um das bestehende Geschlechterverhältnis und damit die virulenten Unterdrückungsmechanismen in ihrem historischen Werdungsprozess zu analysieren, halten wir es deswegen für wichtig, das politische Subjekt Frau zu benennen. Das bedeutet für uns nicht, blind für Geschlechtsidentitäten jenseits der bestehenden zweigeschlechtlichen Norm zu sein. Auch ihre Perspektive wollen wir sichtbar machen und mitdenken.
Männerdominierte und patriarchale Strukturen sind auch in der radikalen Linken allgegenwärtig. Wir wollen feministische Haltungen auch hier konsequent vertreten, selbst wenn das mal ungemütlich werden kann.
Unser zweiter Schwerpunkt ist die Geschichts- und Erinnerungspolitik. Die deutsche Auseinandersetzung mit der Shoah und dem Nationalsozialismus ist geprägt von dem Versuch einer Selbstentlastung. Mit der Wiedervereinigung gilt die „Wiedergutwerdung der Deutschen“ (Eike Geisel) als abgeschlossen, man hat aus der Vergangenheit gelernt und kann jetzt wieder stolz auf die Nation sein, so das prägende Narrativ.
Der sogenannte „Erinnerungsweltmeister“ wähnt sich geläutert, hat es jedoch versäumt, sich konsequent mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzten. Nazi- Seilschaften konnten nach 1945 weiter bestehen, Täter_innen wurden nahezu nicht zur Rechenschaft gezogen, Deutschland als Täter_innen-Gesellschaft mit Millionen NS-Unterstützer_innen und -Profiteur_innen nicht benannt. Die Institutionen der Bundesrepublik sind maßgeblich durch NS-Täter_innen geprägt, etwa der so genannte Verfassungsschutz, der heute Neonazi-Strukturen eher am Leben hält als verfolgt. Die meisten Opfer des Nationalsozialismus sind niemals zumindest ökonomisch entschädigt worden, einige Opfergruppen bis heute nicht anerkannt. Der Völkermord an den Sinti_zze und Rom_nja wurde zwar eingeräumt, bleibt aber ohne Konsequenz. Vor rassistischen Pogromen und Armut geflohene Roma werden seit jeher auch in Deutschland menschenunwürdig behandelt und abgeschoben.
Antisemitismus prägt nach wie vor die deutsche Mehrheitsgesellschaft. Anders als sie es sich oft selbst einredet, war er nach 1945 nie verschwunden. Heute zeigt er sich in vielen Formen, etwa als Relativierung oder Leugnung der Shoah, als vermeintlicher Antikapitalismus oder getarnt als Kritik am Staat Israel. Daran ändern auch regierungsoffizielle Lippenbekenntnisse nichts.
Aus der Ablehnung des Kapitalismus, unserer materialistischen und feministischen Perspektive und aus der Kritik an der deutschen Erinnerungspolitik ergibt sich für uns die Notwendigkeit eines umfassenden antifaschistischen Handelns. Antifaschismus bedeutet dabei nicht ausschließlich den notwendigen Kampf gegen alte und neue Nazis. Wir erleben überall in Europa eine immer stärker werdende Hinwendung zu autoritären, antisemitischen, antifeministischen, rassistischen oder auf andere Weise menschenfeindlichen Positionen und Handlungsstrategien. Diese wollen wir analysieren, benennen und genauso konsequent angreifen.